Martha Hillinger

“Die Mama ist eine Heilige. Sie hätte eigentlich schon einen Nobelpreis verdient – mindestens einen. Alleine schon dafür, dass sie mich und den Rest der Familie nicht nur ausgehalten, sondern auch geleitet hat. Sie ist ein Fels in der Brandung, sie ist das Rückgrat der ganzen Familie. Sie ist eine wirklich toughe Frau, die es nicht leicht gehabt hat im Leben, die aber jede noch so schwere Situation mit einer unfassbaren Ruhe gemeistert hat. Sie ist die Einzige, die wirklich immer bedingungslos an mich geglaubt hat, auch, wenn alle anderen mir schon den Rücken gekehrt hatten. Sie hat mir so viel gegeben und ich hoffe und bemühe mich, dass ich ihr jeden Tag etwas davon zurückgeben kann. Diese wahnsinnig tolle Frau hat mich sehr geprägt. Alle guten Eigenschaften, die ich habe, habe ich ganz bestimmt nur ihr zu verdanken.”

– Leo Hillinger

 

Martha Hillinger im Interview

33 Jahre Weingut Leo Hillinger… Hand auf’s Herz: Hätten Sie erwartet, dass Ihr Sohn mit seinem Unternehmen jemals einen so unfassbaren Erfolg hat?

Nein, das hätte nicht einmal ich erwartet, ABER: Ich wusste immer, dass der Leo etwas Besonderes ist. Seine Talente musste er freilich noch herausfinden, deshalb war es gut, dass er zunächst einmal ins Ausland gegangen ist. Hier haben die Leute ihm ja nichts zugetraut und ich habe oft gehört: “Aus dem wird nichts!”. Das hat mir als Mutter immer weh getan und ich war mir sicher, dass sie Unrecht hatten. Ich habe gespürt, dass etwas in ihm schlummert. Aber auch ich habe mich manchmal durch das Gerede verunsichern lassen. In solchen Situationen – und das mache ich heute noch so – schlage ich gerne wahllos eine Seite in der Bibel auf und der Absatz, den ich lese, der gilt dann für mich. Das habe ich auch damals gemacht und bin über folgende Passage gestolpert: “Der Stein, den die Bauleute verwerfen, der wird dir zum Eckstein werden.” Da dachte ich mir, das ist absolut zutreffend – genau das ist es, was ich fühle. Und dann hat der Briefträger an der Tür geläutet und mir einen Brief gegeben. Das war die Zusage für die Volontärststelle in Deutschland, für die er sich zuvor beworben hatte. Da wusste ich, wir sind auf dem richtigen Weg und mein Herz ist an diesem Tag übergegangen vor Freude.

Ist das eine Genugtuung für Sie, dass alle anderen Unrecht hatten und er seinen Weg gemacht hat?

Ich freue mich nicht darüber, dass ich recht hatte und andere nicht. Aber ich freue mich darüber, dass alles so gekommen ist. An seine Kinder zu glauben ist die Stärke einer Mutter. Mein größter Wunsch ist, dass sich alle untereinander verstehen und liebevoll miteinander umgehen. Das ist das Allerwichtigste im Leben. Hochs und Tiefs gibt es überall. Es gibt die sieben fetten und die sieben mageren Jahre. Es kann nicht immer bergauf gehen – da würden wir ja alle in den Himmel wachsen.

Was denken Sie, ist sein Erfolgsrezept?

Eigentlich tatsächlich seine oft zitierte Konsequenz, denn er hat wirklich Durchhaltevermögen. Am Anfang hatte er es alles andere als leicht. Es ging nicht immer steil bergauf und es gab oft genug Rückschläge – das vergessen die Leute oft angesichts des Erfolgs, den er heute hat. Er hat oft neue Dinge ausprobiert – Weinverkostungen oder Veranstaltungen gemacht, die nicht sofort erfolgreich waren. Mein Mann hat dann gesagt: „Die könnten mich schon gern haben.” Der Leo aber war anders in dieser Hinsicht. Er hat weitergemacht und einfach nie aufgegeben. Wenn er einen ganz schwierigen Termin vor sich hatte, hat er immer zu mir gesagt: „Heute musst Du einen Marathon einlegen“ – und hat damit gemeint, dass ich für ihn beten soll. Er hat es sich nie anmerken lassen, wenn er verzagt war, aber ich als Mutter hab es ja trotzdem gemerkt.

Irgendwann hat es sich dann ergeben, dass er in Rust die ersten eigenen Weingärten kaufen und seinen eigenen Wein produzieren konnte. Von diesem Zeitpunkt an konnte er wirklich alles so umsetzen, wie er es wollte. Vom Inhalt bis zum Design, denn auch dafür hatte er schon immer ein Händchen. Die Aufmachung war ihm immer wichtig, weil wie er sagte: „Das ist genauso wichtig wie der Inhalt.“ Da bin ich ganz seiner Meinung. Auch ich hatte immer etwas dafür übrig, wie ein Produkt präsentiert wird. Die ersten eigenen Flaschen habe ich damals bei Müller Glas gekauft. Die Palette wurde mitten im Hof abgeladen und als mein Mann mit dem LKW nach Hause gekommen ist, war die Einfahrt blockiert – das war vielleicht ein Tango. Als er dann gesehen hat, was die Flaschen gekostet haben, war es ganz vorbei. Aber der Leo und ich waren uns einig, dass das die Zukunft ist.

Hatten Sie und Leo immer schon ein so gutes Verhältnis?

Ja! Wir haben immer noch ein sehr inniges Verhältnis und wir sehen uns oft, obwohl er so viel unterwegs ist. Er fragt mich auch oft um meine Meinung und um meinen Rat. Natürlich ist er nicht immer einverstanden mit meiner Antwort, aber das stört mich nicht. Ich habe zu meinen Kindern immer gesagt: „Viele Leute werden euch in eurem Leben Honig um den Mund schmieren, aber ich nehme mir das Recht heraus, dass ich immer die Wahrheit sage, ob es euch passt oder nicht.“ Sie schmollen dann eine Weile, aber sie nehmen es dann an. Unehrliche Leute gibt es genug. Aber bei mir kann jedes Kind sein, wie es ist. Bei mir kommt auch der Leo runter – da ist er der Bub, der er halt immer war.

War Leo ein braves Kind?

Nein um Gottes willen! Er war ein sehr anstrengendes Kind. Er war immer ein Frühaufsteher. Wir hatten einen Heurigen zu führen, ich bin selten vor Mitternacht ins Bett gekommen und Leo saß oft schon 5 Uhr in der Früh an meinem Bett und hat gequengelt “Mama, steh auf!” – ich hör das heute noch. Meistens hat er dann alle anderen Kinder so lange terrorisiert, bis auch die munter waren und dann musste ich aufstehen. Er war ein richtiger Spitzbub. Bis die anderen aufgestanden sind, hatte er schon die erste Schramme. Ich hab durchgehalten – und es ist was aus ihm geworden.

Gibt es eine kleine Anekdote, die Sie uns vielleicht verraten möchten?

Es gibt sehr viele Anekdoten und Episoden mit dem Leo, die ich erzählen könnte, aber an einen Moment erinnere ich mich immer besonders gerne zurück. Es war Februar und es lag Schnee und Leo hat gesagt, er muss mir etwas zeigen. Er ist mit mir an den Platz gefahren, wo heute das Weingut steht. Da stand hier noch gar nichts. Keine Felder, keine Weingärten, gar nichts. Wir sind auf dem Hügel gestanden und er hat gesagt: “Mama, schau Dir das an! Das wird mein Platzl, da bau ich mein Weingut hin.” Ich hab mir im ersten Moment gedacht, jetzt spinnt er! Wir haben ja alles daheim, wozu soll das gut sein? Aber zugetraut habe ich es ihm. Und letztendlich bin ich froh und wirklich stolz auf ihn, dass er das verwirklicht hat. Er hatte ja Gelegenheit, sich die Welt anzuschauen. In Deutschland hätte er bleiben und ein Weingut übernehmen können. Er hätte überall bleiben können. Ich wäre damit einverstanden gewesen, das Wichtigste war und ist für mich, dass er glücklich ist. Aber er ist wieder nach Hause gekommen, was ich insgeheim immer gehofft habe. Jede Mutter hofft das. Dafür bin ich wirklich dankbar.