Lajos Juhasz
„Lajos war mein allererster Mitarbeiter. Als er angefangen hat, bei mir zu arbeiten, hat er kein einziges Wort deutsch gesprochen. Aber das hat uns nie gestört – wir haben uns mit Händen und Füßen verständigt und es hat immer gepasst. Sein Fleiß und seine Konsequenz haben mich von Anfang an beeindruckt. Er hat tagsüber bei mir gearbeitet und, was ich lange gar nicht wusste, in der Nacht zusätzlich in einer Fabrik. Lajos ist ein unfassbar fleissiger und geschickter Mensch und war in jedes meiner Projekte involviert. Ohne ihn wäre ich bestimmt nicht dort, wo ich heute bin. Er hat einen großen Beitrag geleistet. Mittlerweile zähle ich ihn zu meiner Familie genauso wie seine Frau, seine Söhne und Enkelkinder. Mit seinem Sohn Denes arbeitet nun schon die zweite Generation bei mir im Betrieb. Für mich ist es ein unfassbares Glück, solche Mitarbeiter zu haben – das kann nicht jeder von sich behaupten.“
Leo Hillinger
Lajos Juhasz im Interview
Wann hast Du angefangen, für Leo Hillinger zu arbeiten?
Für unseren Chef arbeite ich, seit er 1990 seine eigene Firma gegründet hat. Ich kenne ihn aber schon viel länger, da ich davor auch schon für seinen Vater gearbeitet habe, als dieser noch den Heurigen in Jois hatte. Auch da war schon immer einiges zu tun. Als unser Chef sich schließlich selbständig gemacht hat, bin ich immer öfter für seine Firma eingesprungen.
Wie ist der Senior Chef damals auf Dich aufmerksam geworden?
Ich habe keine höhere Schule besucht, aber ich hatte schon immer eine Begabung und eine besondere Liebe für handwerkliche Tätigkeiten. Ich habe mir alles selbst beigebracht und keine Arbeit gescheut. Neben meiner Anstellung in einer Fabrik habe ich nicht nur für mich und meine Familie alle möglichen Dinge erledigt, sondern bald auch andere Leuten bei der Umsetzung ihrer Projekte unterstützt, da sich schnell herumgesprochen hat, dass ich gute Arbeit leiste. Über Mundpropaganda bin ich Ende der Achtzigerjahre schließlich auch beim damaligen Senior Chef in Jois gelandet.
Mit der Firmengründung von unserem jetzigen Chef wurden die Arbeiten immer mehr und die Aufgaben immer vielfältiger und schließlich haben wir über eine Fixanstellung gesprochen. Wir haben vereinbart, dass, wenn es in Jois genug Arbeit für mich gibt, dass ich mindestens drei Tage die Woche beschäftigt bin, brauche ich nicht mehr zusätzlich in der Fabrik zu arbeiten. Unser Chef konnte damals nicht genau abschätzen, ob das der Fall sein würde, aber er hat zugesagt. Und schon in der ersten Woche war ich statt den vereinbarten drei Tagen, sechs Tage lang beschäftigt. Mir war keinen einzigen Tag langweilig auf dem Weingut Leo HILLINGER. Mittlerweile bin ich in Pension, aber ich helfe immer noch, wenn ich gebraucht werde.
Wann hat Dein Sohn Denes beschlossen, den gleichen beruflichen Weg einzuschlagen?
Als ich angefangen habe, für die Familie Hillinger zu arbeiten, waren meine Kinder noch sehr klein. Der Senior Chef und unser Chef hatten ihre Pferde bei mir in Ungarn untergebracht und kamen oft, um zu reiten oder Kutsche zu fahren. Als die Kinder älter waren, haben sie mit den Pferden geholfen und sind selbst oft mit Leo gemeinsam ausgeritten. Das hat ihnen Spaß gemacht, weil immer etwas los war, wenn er da war. In ihren Schulferien haben sie auch immer wieder auf dem Weingut gearbeitet. So wuchs bei meinem Sohn Denes das Interesse für Weinbau und er beschloss, sich auch beruflich dahin zu orientieren. Leo hat ihm immer signalisiert, dass er einen Platz für ihn auf seinem Weingut hat und nach mehreren Praktika hat er 2009 sein Diplom gemacht und ein paar Tage später in Jois angefangen.
Welche Zeit war herausfordernder für Dich? – die Anfangszeit oder als der Betrieb immer größer und größer wurde?
Der Anfang war sehr schwierig. Ich konnte kaum ein Wort deutsch sprechen. Mittlerweile verstehe ich sehr viel, aber ich kann noch immer wenig sprechen. Diese Sprachbarriere war anfangs ein bisschen anstrengend, aber die Zusammenarbeit hat trotzdem funktioniert. Darüberhinaus war es damals noch nicht so einfach, im Ausland zu arbeiten, wie heute. Es gab Grenzkontrollen und man konnte nie genau sagen, wie lange man warten muss, um von A nach B und wieder zurück zu kommen.
Warum bist Du all die Jahre geblieben?
Auf dem Weingut war immer sehr viel zu tun, aber das hat mich nie gestört – ganz im Gegenteil. Ich habe es genossen, dass die Aufgabenstellung so vielfältig war. Kein Tag war wie der andere. Ich könnte mir gar nicht mehr vorstellen, in einer Fabrik zu arbeiten, wo ich den ganzen Tag lang und jeden Tag ein und denselben Handgriff machen muss. Das habe ich, denke ich, mit meinem Sohn Denes gemeinsam. Natürlich ist die Arbeit hart und es ist sehr oft stressig. Unser Chef hat auch immer sehr genaue Vorstellungen davon, was er haben möchte und ist dabei auch nicht unbedingt sehr geduldig. Aber ich kann ihn verstehen, den ich bin auch so. Und stressig ist es überall. Man kann nicht immer gleich das Handtuch werfen, wenn es irgendwo schwierig wird. Das ist in jedem Job so.
Gibt es eine Anekdote oder lustige Geschichte, die Dir in Erinnerung geblieben ist und die Du uns gerne verraten möchtest?
In Ungarn hatten wir sehr sehr viele lustige und verrückte gemeinsame Erlebnisse mit unserem Chef. Wir sind oft gemeinsam ausgeritten und mit der Kutsche gefahren. Unser Chef hat immer sehr viele Gäste mitgebracht. Bei einem dieser Ausflüge hatte er die Idee, mit den Pferden die Donau zu überqueren. Eine gute Reitstunde entfernt von unserem Dorf gibt es eine seichte Stelle wo man tatsächlich mit dem Auto durch den Fluss fahren oder mit den Pferden durchreiten kann. Ich war von diesem Einfall gar nicht begeistert, weil ich nicht schwimmen und Wasser nicht leiden kann. Mein Protest hat mir aber nichts genützt. Wir sind natürlich durchgefahren und als wir ungefähr in der Mitte waren, ist die Kutsche aufgeschwommen und nach rechts in noch tieferes Wasser abgedriftet. Unser Chef war sofort zur Stelle, um zu helfen, ist vom Pferd ins Wasser gesprungen, hat es mit vereinten Kräften geschafft, die Kutsche mit Lederriemen zu fixieren und die Pferde abzuspannen. Dann haben wir stundenlang versucht, Hilfe zu organisieren. Es gab noch keine Handys und bis wir schließlich einen Bauern auf einem Feld gefunden hatten, der die Kutsche mit dem Traktor aus dem Fluss ziehen konnte, waren alle Pferde weg und es war mitten in der Nacht. Den nächsten Tag haben wir damit zugebracht, die Pferde zu suchen und nach Hause zu bringen.
Im Nachhinein kann ich darüber lachen, da es glimpflich ausgegangen ist – wie immer glücklicherweise. Wenn unser Chef dabei war, war es nie ein normaler Ausritt oder eine normale Kutschenfahrt – es war immer ein Wahnsinn. Aber wenn man nichts erlebt, hat man nachher auch nichts zu erzählen.